Kein einziger ihrer Songs war irgendwo zu hören, da spielten CVC in Cardiff schon vor komplett ausverkaufter Hütte. Das walisische Sextett hat in binnen kürzester Zeit eine Followerschaft aufgebaut, die andere auch nach Jahren aktiver Publikumsarbeit nicht vorweisen können. Verwundern mag es kaum, angesichts des super slicken Sounds, der auf ihrem diesjährigen Debüt "Get Real" verehrte Inspirationen neben frischen Ideen wie ein Feuerwerk zündet. Das gibt Yacht Rock den guten Namen zurück, da schmiegt sich softer Westcoast-Rock an Psychedelia anno 1966, eleganter Funk an geradeaus gedachten Rock und sie würzen das mit mehr "ooh-la-la-lahs" als man aus Brian Wilson herausschütteln könnte. Auch Crosby, Stills & Nash und die Super Furry Animals schimmern durch. Das Resultat ist ein "Okay, wir fühlen uns wohl" -Sound, für den es nichts anderes als ganz viel Liebe geben kann. Und der live wirklich mitreißend ist. Man fragt sich im ersten Augenblick, warum eigentlich mal irgendwann Punk erfunden wurde. Und dann steht man da, mit offenem Mund, und gibt sich der Klasse dieser Band einfach hin. Das hat Groove und Verve und man kann nicht anders, als den Hintern zu bewegen. Und dann diese Typen: Walisische working-class, gekleidet wie eine Mischung aus New Yorker Mobstern und kalifornischen Hippies in den 70ern, Schnauzbärte, so groß wie Theo Waigels Augenbrauen - mit denen würde man gerne mal die Nacht durchmachen. Ihre Message ist universell: "peace and love and good times, stay real, stay true and that's it."

Überhaupt scheint Wales derzeit einer der interessantesten Ursprungsorte von aufregenden Bands zu sein. "Viele von ihnen eint die Eigenart, sich musikalisch nicht um das zu kümmern, was in London oder Manchester angesagt ist, sondern eigene Wege zu gehen. CVC folgt dieser Tradition," schreibt André Boße im VISIONS, "die Abkürzung steht für Church Village Collective. Das Dorf Church Village, gelegen nord-westlich von Cardiff, ist die Heimat der Band, gut 5.000 Menschen leben hier, alles ist zu Fuß erreichbar, man hat seine Ruhe, manchmal mehr, als einem lieb ist. CVC machen aus dieser Abgeschiedenheit - ganz nach walisischer Tradition - das Beste. 2019 gründet sich die Band, seitdem bastelt sie an einem Sound, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Wer nicht wüsste, dass CVC aus einem Kaff bei Cardiff stammen, würde vermutlich viel Geld auf eine Herkunft aus den USA verwetten. "Get Real" ist nach einer EP das erste Album der Band, es klingt aber so reif, dass man kaum an ein Debüt glauben mag. Beeinflusst sind CVC von Westcoast-Rock-Bands mit ihren sonnigen Harmonien aus dem Laurel Canyon, aber auch die Americana-Virtuosen von The Band haben ihre Spuren hinterlassen. Dass die erste Single - ein stampfender Soul-Rock-Track, funky, mit minimalen Disco-Anleihen im Refrain - den Titel "Good Morning Vietnam" trägt, passt ins Bild. Auch der Song "Music Stuff" verrät viel über den Ansatz dieser Band: "Get Real" klingt nach einem Album, das die Musik ganz selbstverständlich zur wichtigsten Sache der Welt erklärt und dementsprechend ernst nimmt. (...) Es ist großartig, in dieser Zeit eine Band vorzufinden, die noch an das große Heilsversprechen einer Bandgründung glaubt - und alles dafür tut, dass es vielleicht doch wahr wird. Warum auch nicht? Das erste Album der Kings Of Leon war vor 20 Jahren eine ähnlich coole, nerdige und großartige Roots-Rock-Platte. Der Rest ist Geschichte."

Und sieht man die sechs Bandmitglieder auf der Bühne wird umgehend deutlich, dass die musikalische Scholle, die hier beackert wird, zwar oberflächlich betrachtet reibungsarmen Sounds Platz gibt - aber von derart bodenständigen "where"s the party"-Dudes beackert wird, dass ihre Musik nie ohne Kanten und Brüche abläuft. Das riecht nach Bier, vielleicht noch nach Gras, nicht aber nach Martini. "The best live act I saw last year" jubelt The Arts Desk. "Yachtrock in richtig" meinte ein Kumpel. Das kann ich so unterschreiben.

(Foto: Charlie Kinsman)

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