William The Conqueror


Kategorie: Orange Blossom Special
geschrieben von: Orange Blossom Special geschrieben am: 25.10.2023 um: 08:30 Uhr

Neulich, beim Reeperbahnfestival, letzter Tag. Wir waren schon etwas müde, hatten zuvor bereits viele Konzerte gesehen. Die Vorstellung, dass uns ein Auftritt jetzt noch so richtig begeistern können würde, war fast absurd. Was ich zuvor von William The Conquerer gehört hatte fand ich allerdings sehr überzeugend. Vier Alben haben sie bereits veröffentlicht, auf so geschmackssichern Labels wie Loose und Chrysalis. Und dann steht da dieses unspektakulär aussehende Trio aus Cornwall auf der Bühne des komplett gefüllten Indra. Sie wirkten fast schüchtern - als hätten sie nicht damit gerechnet, dass überhaupt irgendjemand sich für sie interessieren würde.

Ihr zweiter Song war noch nicht beendet, da wusste ich, dass William The Conquerer wie gemalt sind für das OBS. Nicht nur wir waren hin und weg, das gesamte Publikum wurde abgeholt - was auf den ersten Blick vielleicht verwundern mag. Denn ihre Songs gehen nur spärlich und sehr subtil mit Dynamik um, Theatralik, Bühnen-Bambule und Animationsrock sind ihre Sache nun wirklich nicht. Und trotzdem sind ihre Songs unglaublich einnehmend. Nie verästeln sie sich zu stark, da bleibt immer ein rhythmischer roter Faden. Zuvor als "whip smart Indie-Rock" (Clash-Magazin) angekündigt, machen sie darüber hinaus Anleihen bei Swamp-Blues, Folk, Front-Porch- und Laurel-Canyon- Americana aber auch bei Grunge - ohne dessen jugendliche Wut allerdings. Ein bisschen so wie The War On Drugs - nur mit imposanten Songs.
Das Songwriting ist tatsächlich über alle Zweifel erhaben, Ruarri Joseph versteht es meisterlich, auf dem schmalen Grat zwischen Kreativität und Wahnsinn zu balancieren, seine Songs basieren auf tiefen Erkenntnissen und einer un-zynischen, aber abgeklärten Sicht auf die Welt. Die kleinen, wundervollen Melodien sind nie übertrieben, sie jubilieren nicht, sondern dienen immer dem Lied als solchem. Stimmlich erinnert Ruarri dabei an JJ Cale, an Glen Hansard, manchmal auch an Larry Barrett, sein halb gesprochener Gesang strahlt Reife aus. Wenn er die Stimme sachte erhebt, dann, weil etwas zu dringlich ist, um tonlos besungen zu werden - der Gegenentwurf zu Stadionrock. Hier muss niemand schreien, sich mit groß aufgebohrten Hymnen bekränzen oder sein Ego breitbeinig auf der Bühne abfeiern.
Wenn Ruarri Joseph seine Saiten mal lauter werden lässt und seine Swamp-Blues-Gitarren auf einmal Richtung Seattle fliegen, dann zwinkern sich Harry Harding am Schlagzeug und Bassistin Naomi Holmes schon mal wissend zu. Ihr Zusammenspiel ist ohnehin auffällig - und es ist sehr sympathisch zu sehen, wie die drei auf der Bühne sich verstehen. Sie freuen sich leise an ihrem Miteinander, hier ein Lächeln, dort ein überraschter oder anerkennender Blick. Das ist ein Ensemble im besten Sinne. Da feuern alle Zylinder, aber sie machen kein großes Gewese darum. Sie haben einfach Klasse und Stil.

Wer sie einmal auf der Bühne gesehen hat, begreift schnell, warum William The Conqueror damit zu einem der gefragtesten Live-Acts im UK avanciert sind. Und das, obwohl sie so spektakulär unspektakulär sind. Eine besondere Band, die alle Fraktion der OBS-Familie selig vereinen wird.

(Foto: William The Conquerer)

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