Hassliebe Esc


Kategorie: Wiesenrock
geschrieben von: Wiesenrock geschrieben am: 20.05.2015 um: 15:05 Uhr

Ist der ESC cool oder doch eine Beleidigung unserer musikalischen Intelligenz? Mit Verlaub: Beides!

Musik ist manchmal Kunst, manchmal Konsumgut und/oder Schrott. Diskussionen darüber, was wohin gehört, können und sollen gerne geführt werden. Ich bin in diesem Fall so frei, und teile gut 85% der ESC Songs der Konsumkategorie zu. Gut möglich, dass Schrottpuristen dem nicht zustimmen. Kunstfanatiker vielleicht ebenso wenig, die sind auch manchmal heikel. Manche wünschen sich "Rise like a Phoenix" als Beerdigungshymne, andere bestellen beim Thai keine Beilagen mehr, weil sie nicht mal mehr das Wort "Reis" in den Mund nehmen können. Jaja, Geschmäcker...Den ESC kann man also getrost hasslieben.

Foto: ORF/Thomas Ramstorfer
Die ESC Bühne 2015: Ein Hypnotischer Blickfang  Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

#Hate: Riesenlob könnte zum Beispiel an die heurigen Moderatorenladies ob ihrer Fremdsprachenkompetenz gehen. Leider gehen trotzdem alle Witze unter. Der ESC will genauestens geplant und durchchoreografiert werden, da ist kaum Platz für ehrlichen Fun. Das Publikum wedelt dafür immer brav und höchst enthusiasmiert mit seinen Fähnchen. Ist das eigentlich ein Hilferuf? Per Morsecode? Wedele hysterisch, wenn du gegen deinen Willen in der Stadthalle gehalten wirst?

#Love: No business like green showbusiness? Der ESC ist ein Green Event: Eintrittskarten sind Freifahrtscheine für die Wiener Linien, es wird biologisch und lokal gegessen, Abfallvermeidung ist Gebot der Stunde, Veranstaltung und Fernsehübertragung sind barrierefrei, Gebärdesprachenkommentar inklusive. Gut möglich, dass die neuen Ampelpärchen nicht von heut auf morgen die Welt retten, aber immerhin! Ein Zeichen!

#Hate: Wie unoriginell! Gefühlte 1000 Performances mit schmachtenden, leicht in weiß bekleideten Ladies oder aalglatten Boyband-Typen kann man sich nicht schöntrinken. Die Windmaschine genau so wenig.

Im Einheitsbrei ist bizarre Verstörung willkommen. Der gute Poier schafft es 2003 sogar auf Platz 6.

#Love: Wie originell! Dann gibt es sie doch - diese vermeintlichen Underdogs, die Spannung auf die Bühne bringen. Wer hätte geahnt, dass eine Band wie Lordi ESC-tauglich ist? Und den Schas holt? Oder Conchita? Jahr für Jahr nehmen genug coole Socken teil. Songs wie "So Lucky" der Moldawischen Band Zdob si Zdub könnten ruhig in Musikclubs gespielt werden, er würde nur wenigen als spießige ESC Nummer auffallen. Nur schade dass die Außenseiter so selten siegen. Den Punk Jungs rund um Pertti Kurikka hätte ich heuer auch gerne die Daumen gedrückt.

#LoveHate: Also fürchte dich nicht, wenn du heuer den Contest schaust. Vielleicht hättest du es ohnehin getan, auch ohne ORF Marketing-Maschinerie. Dass dir gehypte Sachen gefallen, bedeutet nicht automatisch, dass du ein schlechter Mensch bist. Denn Schrott und Kunst sind immer chronisch unter- und überwertet, und haben gerade in ihrer unmöglichen Kategorisierbarkeit ihre Daseinsberechtigung. Und das ist schön! Schließlich wäre eine schwarz-weiße Welt nur fad.

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