Fia: Wir Gehen Nicht Mit Dem Usb-stick Zum Konzert


Kategorie: Poolbar Festival
geschrieben von: Poolbar Festival geschrieben am: 09.04.2013 um: 19:52 Uhr
Francis International Airport, eine der größten Indie-Hoffnungen des Landes, veröffentlichen Anfang Mai ihr 3. Album "Cache". Im Gespräch mit FM5 gewährten sie Einblicke in die Entstehung des Albums und den Grund für ihren Stilwechsel.
Von Nina Wöss und Elisabeth Voglsam, erschienen auf fm5.at

In wenigen Wochen veröffentlichen Francis International Airport ihr langerwartetes drittes Album. Die Vorabsingle "The rights ones" verrät einen Stilwechsel. Was es damit auf sich hat und wie sich die Live-Auftritte der Band in Zukunft verändern werden, erfuhr FM5 im Interview mit den Brüdern Markus und David Zahradnicek.

FM5: Euer drittes Album Cache erscheint am 3. Mai - welche Ziele habt ihr euch damit gesteckt?

David: Möglichst viele Leute sollen es hören! (lacht)

Markus: Verkaufszahlen, Reviews in großen Musikmagazinen - diese Dinge liegen einfach nicht mehr in unserer Hand. Das sind Punkte über die wir während der Entstehung eines Albums nicht nachdenken. Ich denke auch, dass das der Genickbruch einer Band sein kann und auch der Grund dafür, dass viele Bands immer schlechter werden - die Orientierung an diesen Äußerlichkeiten schränkt künstlerisch extrem ein. Was für uns wichtig ist, ist ein Album abzuliefern, hinter dem wir stehen, bei dem wir das Gefühl haben, dass wir uns künstlerisch verwirklichen können und das haben wir mit Cache zu unserer Zufriedenheit erreicht - der Rest liegt nun nicht mehr in unserer Hand. In finanzieller Hinsicht ist das Ziel, die Standbeine, die wir uns im In- und Ausland erarbeitet haben, weiter auszubauen.

Apropos Ausland - ihr habt im vergangenen Jahr auf mehreren internationalen Festivals wie dem Primavera in Barcelona und dem Eurosonic in den Niederlanden gespielt. Wie waren die Rückmeldungen? Haben sich dadurch weitere Auftritte ergeben?


Markus: Ja, wir waren zum Beispiel im Herbst für eine weitere Show in Spanien. Und auch jetzt geht es definitiv weiterhin im Ausland weiter. Wir haben schon einige Tourtermine fixiert, die uns nach Deutschland, in die Niederlande und nach Tschechien führen werden. Wir haben international bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Meist ist es so, dass die Leute nicht glauben können, dass wir eine österreichische Band sind. Das ist das Grundproblem der österreichischen Musikszene, dass es keine Wahrnehmung von außen gibt.

Euer letztes Album In the Woods wurde von Fans und Kritikern gleichermaßen begeistert aufgenommen. Wie groß ist nun der Druck mit Cache einen ähnlichen Erfolg einzufahren?

Markus: Wir haben uns den Druck - aus künstlerischer Sicht - nicht gemacht. Wenn wir das getan hätten, dann würde das Album nun klingen wie ein zweites In the Woods.

David: Wir wurden das im Vorhinein bei Interviews schon immer gefragt. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich den Druck nie so richtig verspürt habe. Der Punkt ist nämlich der, dass uns der Druck, der aus den eigenen Reihen der Band kommt, antreibt. Wir, dieses Konglomerat von fünf Menschen, sind streng mit uns und unserer Musik. So kann keine Kritik von außen jemals so heftig sein wie die interne Kritik, die bei uns geübt wird.

Markus: Das Album war für uns in erster Linie eine Suche danach, womit wir uns wohlfühlen und nicht die Frage, womit wir die Fanbasis zufrieden stellen können. Wenn wir das gemacht hätten, dann würde das Album nicht so klingen wie es nun klingt.

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Was war ausschlaggebend für diesen Stilwechsel?

Markus: Es waren mehrere Facetten, die diesen Prozess beeinflussten. Nach In the Woods verging eine gewisse Zeit [Anmerkung: das Album wurde 2010 veröffentlicht], in der wir sowohl menschlich, als auch als Musiker gereift sind und neue Interessen entdeckt haben. Dann will man natürlich neue Sachen ausprobieren, denn Wiederholungen sind nicht unsere Sache. In dieser Zeit haben wir uns sehr intensiv mit elektronischer Musik auseinander gesetzt. Der Beginn dieser Musik, Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre hat uns fasziniert. Im Endeffekt ist es so, dass wir immer versuchen ein Album zu machen, das wir selbst im Moment gerne hören würden. Und zwar ohne so klingen zu wollen wie eine andere Band, sondern mit einem Alleinstellungsmerkmal, das einen im riesengroßen Musikmarkt einzigartig macht.

David: Der Konnex zur Elektronik war auch diese Ästhetik der 70er und 80er, die uns irrsinnig angesprochen hat. Wir finden, dass Cache dem Zeitgeist von 2013 entspricht.

Markus: Auch wenn am Beginn noch nicht feststand in welche Richtung dieses Album gehen wird, war klar, dass es das Gegenteil von In the Woods werden wird. Ich denke, das ist uns sowohl mit dem Sound als auch den visuellen Elementen, die nun monochrom gehalten sind, gut gelungen. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich ein roter Faden durch alle drei Alben zieht. Schließlich sind es immer noch die fünf selben Menschen miteinander Musik machen und dadurch ergeben sich Charakteristiken die konstant vorhanden bleiben und die Band ausmachen.

Sorgt die Stiländerung auf Cache auch bei euren Live-Auftritten für Veränderungen?

Markus: Ja, das ist für uns eine Herausforderung, die uns auch Spaß macht. Die neuen Songs erfordern ein aufwendiges Setup. Bei In the Woods haben wir das Album live im Studio eingespielt. Somit war klar, wie das in Folge live zu funktionieren hatte. Cache hingegen ist ein Bastard, der sich aus Home-Demos, Studiospuren und Overdubbings zusammensetzt. Das heißt, dass die Songs bei der Fertigstellung des Albums noch nie gemeinsam gespielt worden waren. Dies erfordert nun einige Änderungen auf der Bühne: das Schlagzeug wird mit zusätzlichen elektronischen Geräten ausgestattet und wir haben zusätzliche Synthesizer. Wir spielen das, was auf dem Album passiert. Es ist eine Mischung aus analogen, klassischen Gitarrenmusik-Signalen und elektronischer Musik.

David: Aber was wir explizit festhalten wollen: Wir schließen uns dem derzeitigen Trend, den Laptop auf die Bühne zu stellen, nicht an. Es ist nach wie vor alles live und selbst gespielt. Wir gehen nicht mit dem USB-Stick zum Konzert.

Markus: Das ist auch der Schlüssel dazu, wenn wir sagen, wir haben uns mit elektronischer Musik beschäftigt. Wir haben unseren Background als Gitarrenband nicht ad acta gelegt. Man kann vielmehr sagen, dass unsere Sichtweise erweitert wurde. Trotzdem übernehmen wir nicht alles, das in der elektronischen Musik Gang und Gäbe ist. Wir schreiben nach wie vor Songs und keine Tracks.

Cache ist ein Mix aus verschiedensten Home-Recordings und einzelnen Schnipseln. Wer entscheidet, wann der Songs fertig ist?

David: Alle. Das ist auch das Schöne daran, dass wir fünf Leute sind. Es gibt immer eine Mehrheit. (lacht)

Markus: Es haben wirklich alle mitzureden und es gibt auch jeder seinen Senf dazu. Zur Entstehung des Albums muss auch gesagt werden, dass wir irgendwann an einem Punkt waren, an dem wir gemerkt haben, dass wir im Proberaum nicht mehr vorankommen. Wir konnten die Ästhetik, die uns vorschwebte, nicht erschaffen. Darauf folgte der Rückzug ins Home Recording Studio. Dann begannen wir, uns kleine Ideen, Takte, Loops, gegenseitig zuzuschicken und immer mehr zu erweitern. So entstand nach und nach Cache. Dieser Prozess hat einige Zeit in Anspruch genommen. Wir sind keine Band, die im Jahresrhythmus Alben auf den Markt wirft. Ich finde das künstlerisch auch nicht wirklich vertretbar.



Bitte vervollständigt die folgenden Sätze:

Meine erste CD:

Beide: Sicher etwas Peinliches!

Markus: Das vom ersten eigenen Taschengeld bezahlte Album war wahrscheinlich von Green Day oder Offspring.

David: Dadurch, dass ich ja der jüngere Bruder bin, habe ich immer bei ihm mitgehört. Da gilt für mich wohl das Gleiche.

Mein erstes Konzert:

Markus: Definitiv nichts Großes. Unsere ersten Konzerte waren am Land draußen, im Umkreis von St. Pölten. Das erste Konzert war wahrscheinlich von einer Kirchberger Punkband. In dieser Gegend gab es damals eine sehr aktive Punk-Szene.

David: Ich kann mich noch gut erinnern. Das war ein Konzert, zu dem mich Markus mitnahm - eine total komische Punkband. An diesem Abend beschloss ich, Bass spielen zu lernen.

Wenn ich nicht Musiker wäre, wäre ich:

Markus: Auf jeden Fall etwas Künstlerisches, bei dem man nicht um sieben in der Früh aufstehen und 40 Stunden pro Woche im Büro sitzen muss.

David: Als Kind wollte ich immer Erfinder werden. Und die anderen drei Bandmitglieder wären gerne Zirkusartisten! (lacht)

Ein (noch) unbekannte Band, die man unbedingt hören sollte:

(beide) SOHN

Danke für das Interview!
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