A$ap Rocky - You Wanna Do Singles Or You Wanna Do History?


Kategorie: Open Air Frauenfeld
geschrieben von: Open Air Frauenfeld geschrieben am: 21.06.2015 um: 17:51 Uhr

A$AP Rocky - You wanna do singles or you wanna do history?


A$AP Rocky bei der Weltpremiere von "Everyday". Er schliesst bewusst die Augen um sich voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren.


Von Jamil

Ich gebe zu, ich habe mich zuvor nie gross mit A$AP Rocky auseinandergesetzt. Sein Debütalbum Long Live A$AP hat seine grossartigen Ohrwurmmomente wie die Hookline zu Fuckin" Problems (feat. Drake, 2 Chainz und Kendrick Lamar), aber Refrains wie "Money, Pussy, Weed" sind mir auf die Dauer zu einfältig. Umso gespannter bin ich also an ein öffentliches Gespräch mit Rakim Mayers, A$AP Rockys richtigem Namen, nach Harlem gefahren, um mich eines Besseren zu belehren. Ich habe für dich eine Auswahl an interessanten Passagen des zweistündigen Gesprächs getroffen.

Der junge schwarze Mann aus Harlem

A$AP Rocky wuchs in Harlem und der Bronx auf. Interessanterweise kann er das Harlem seiner Jugend (Rocky ist heute 26 jährig) kaum wiedererkennen. "Der Kleidungsstil, den nur ein Einheimischer so tragen kann, gibt es nicht mehr; die Polizei ist an jeder Ecke und die Kultur ging verloren. Es geht nicht mal um Gentrifizierung. Die Leute können von mir aus noch lange nach Harlem ziehen, aber irgendwie scheint hier niemand mehr Spass zu haben. Wie auch immer, ich lebe jetzt in Soho, also ist alles in Ordnung." A$AP Rocky hat also das teilweise immer noch schwierige Harlem mit dem überaus schicken Soho getauscht. Ein logischer Schritt, wenn man seine Vorliebe für Designerklamotten kennt.

Im Rampenlicht steht A$AP Rocky seit 2011 als er sein erstes Mixtape Live.Love.A$AP veröffentlichte. Wie ihn die Öffentlichkeit heute wahrnimmt, beschäftigt ihn. " Die Gesellschaft hat an jede Gruppe oder Rasse unterschiedliche Erwartungen. Die Regeln scheinen nicht für alle dieselben zu sein. Alles was ich tun kann, ist einfach mich selber zu sein. Wenn ich mich darum kümmern müsste so zu sein, wie andere es von mir als schwarzer Mann verlangen, dann wären wir alle verwirrt. Was zur Hölle ist ein Afroamerikaner im Jahr 2015? Wie sieht er aus? Wo arbeitet er? Wo arbeitet er nicht? Die Erwartungen an Afroamerikaner sind so unterschiedlich, ich weiss nur, dass da wo ich herkomme, die Erwartungen nicht allzu hoch sind." Diese Fragen begleiten die afroamerikanische Bevölkerungsschicht seit Jahrzenten und noch immer scheint keine Besserung im Sinne von absoluter Gleichbehandlung in Sicht. Nebst den ungleichen schulischen Voraussetzungen müssen afroamerikanische Jugendliche sehr häufig mit dem Umstand zurechtkommen, dass nur ein Elternteil anwesend ist.

A$A Rocky scheint sich also doch auch Gedanken zu gesellschaftlichen Themen zu machen, stelle ich erfreut fest. Spricht er auf dem neuen Album denn auch andere ernstere Themen an? "Die Polizeigewalt in Ferguson oder Baltimore ist richtig übel. Das Album ist fertig produziert, also kann ich da nichts mehr hinzufügen, aber in Zukunft sicher. Leider wiederholt sich die Geschichte ständig. Die Polizisten tun das andauernd: das Schlagen, das Treten, das Beleidigen von Afroamerikanern. Das muss einfach eine aufhören." Seine Lösung allerdings ist nicht so durchdacht, sie klingt eher wie ein Werbespruch der NRA (National Rifle Association), der grössten Waffenlobby der USA, weshalb ich sie hier nicht wiedergebe.

A$AP erobert die Musikwelt ausserhalb New Yorks

Vielleicht kannst du ja von A$AP Rockys folgendem Tipp Gebrauch machen, denn jedem unbekannten Nachwuchskünstler rät er: "In jedem künstlerischen Bereich musst du unbedingt dein eigenes Ding durchziehen! Bleib bei dem, was du als gut erachtest. Knie dich rein, kreiere etwas, stelle deine Kunst in der Öffentlichkeit aus, zudem hat jeder Zugriff auf die Weltgrösste Plattform, das Internet. Wenn es gut ist, kommt der Erfolg auf dich zu. In meinem Fall kam der Erfolg, als ich aufhörte, mich zu sorgen, was andere tun und denken. Wenn du irgendetwas bloss um des Geldes wegen machst, sei bloss nicht enttäuscht, wenn deine Integrität angezweifelt wird." Er spricht hier von "keeping it real" und "fake N***as". Er hat es also geschafft, dass ihn die Leute respektieren. Dazu gehört auch seine Eigenschaft eigentlich niemanden zu dissen und auch bei heiklen Fragen vorsichtig zu antworten, damit er niemandem auf die Füsse tritt. Wie andere Rapper betont er unablässig seine Realness. "Grundsätzlich muss sich jeder Musiker folgende Frage stellen: Willst du Singles produzieren oder Geschichte schreiben? Ihr wisst, was ich will."

A.L.L.A

Wenn A$AP Rocky über sein neues Album spricht, gerät er ins Schwärmen. Für sein neues Album A.L.L.A . (At.Long.Last.A$AP) hat er Künstler wie Deadmau5, Mos Def aka Yasiin Bey, Mark Ronson und bemerkenswerterweise auch Grössen wie Rod Stewart mit ins Boot geholt. Joe Fox hat er in London buchstäblich von der Strasse geholt. Dieser war Strassenkünstler, bis ihn A$AP Rocky per Zufall in London entdeckt hat. A$AP Rocky hat definitiv enorm viel Zeit und Energie ins neue Album investiert und sich auch mit den richtigen Leuten umgeben. Mos Def verbrachte z.B. ganze drei Wochen mit A$AP Rocky in London. Einfach so. Teilweise benötigte er acht Monate bis zur Fertigstellung eines einzelnen Tracks. Musikalisch ist Rocky also definitiv ein Perfektionist und Ambitionen hat er auch. "Ich glaube nicht, dass ich es nach oben geschafft habe, so verrückt wie das auch tönt. Ich habe Ziele erreicht, aber ich habe es nicht geschafft."

Doch ist denn das nun der Rap, der New York repräsentiert? Rocky hat dafür eine einleuchtende Antwort parat. "Ist es Joey Badass, Action Bronson, A$AP? Es gibt keinen gemeinsamen Sound und genau das ist das Geile daran. Sind wir ehrlich, zurzeit kommt die coolste Musik aus Atlanta, aber all die Rapper dort tönen alle genau gleich! Ich finde, man sollte sich nicht von aktuellen Künstlern inspirieren lassen, die in einem ähnlich Feld tätig sind, denn so ist es einfach kopieren. Wenn die Künstler aber aus einem anderen Bereich kommen oder sogar schon verstorben sind, ist es etwas anderes. Nehmen wir z.B. Action Bronson. So viele Leute sagen, er tönt wie Ghostface Killah. Aber Ghostface Killah war für die vorherige Generation. Action Bronson ist für die jetzige und die darauf folgende Generation."

Zwei Stunden nach Gesprächsbeginn macht A$AP Rocky auf mich einen ganz sympathischen Eindruck, weniger eingebildet erwartet. Vielleicht liegt es daran, dass er während des Interviews ziemlich high ist oder vielleicht erinnern ihn die vielen Freunde im Raum auch, woher er kommt. Er ist sichtlich bemüht anständige Antworten abzuliefern, was ihm nicht immer gelingt. Dafür ist er umso streetsmarter und weiss um die Bedeutung von guten Kontakten. Er schafft den Spagat als "real" rüberzukommen und gleichzeitig kommerziell erfolgreich zu sein. A.L.L.A klingt bombastisch, hat interessante Rhythmuswechsel und spannende Samples . Mal schauen, wie sich A$AP Rocky live am Openair Frauenfeld behauptet. Man darf sich definitiv auf seinen Auftritt freuen und ihn abfeiern.

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