Florry


Kategorie: Orange Blossom Special
geschrieben von: Orange Blossom Special geschrieben am: 05.12.2023 um: 09:30 Uhr

Florry, eine in Philadelphia ansässige Country-Rock-Band, ist eines der derzeit spannendsten Projekte des US-amerikanischen Underground.

Francie Medosch leitet das mittlerweile siebenköpfige Kollektiv, ihr Songwriting ist pointiert, persönlich und aktuell, aber mit einem guten Gespür für den Americana-Kanon des Outlaw Country aus dem späten 20. Jahrhundert. Alle Bandmitglieder sind verblüffend jung, kommen eher aus einer Underground-Indie-Rock-Sozialisation, haben aber irgendwann ihre Liebe zu angeschrägtem Slacker-Country entdeckt.

(Kleiner Exkurs: Offensichtlich sahen sie die Roots aus anderer Perspektive und fanden es spannend, sich einer Musik zu nähern, die eigentlich einer weit älteren Alterskohorte überlassen schien und sich über die Jahre im formelhaften Wiederkäuen bekannter Muster verfangen hatte. Seien wir ehrlich: es kam schlicht nicht mehr viel Aufregendes aus der Ecke, in der man es sich ja schon per Definition nur dann kommod einrichten konnte, wenn alles blieb, wie es immer war. Entwicklung wurde manches mal Verrat geschimpft, es herrschte oft Traditionalismus um des Traditionalismus willen.)

Nicht so hier, nicht mit Francie Medosch: Florry schnappten sich mit weit aufgerissenen Augen, offenen Herzen und größtem Erkenntnisinteresse das passende Instrumentarium, Pedal-Steel, Fiddle, Mandoline, Harmonika, Schlagwerk, Gitarren und mehrstimmigen Gesang natürlich und schmissen sich mit Verve auf die musikalischen Wurzeln. Sie gebaren dabei eine stets leicht neben der Spur befindlichen Alternative Country-Spielart, die dem darbenden Genre neues Leben einhaucht. Ähnlich wie dunnemals Broken Social Scene oder auch Mark Olson nach den Jayhawks (wenn auch weit weniger traditionell unterwegs), mit offensichtlicher Liebe zur Sache, aber dem nötigen Abstand zu sich selbst. Ohne eine textlich oder musikalisch verklärte Überhöhung tradierter Motive nähern sich Florry den zeitlosen Zutaten, die "der große amerikanische Highway in uns allen" liefert. Mit Songs zwischen mürrischen Country-Balladen und gemessen feurigem Americana-Rock, zwischen rein akustischen Kompositionen und dem - zumindest fast - vollen Brett. Das hat brillanten Twang und DIY-Holterdipolter, Tiefe und Distanz zugleich. Mit einem Sound, der ein spiritueller Nachfolger von Neil Young und Crazy Horse sein könnte, mit teils rumpeligem Country-Charme aber ausschweifend ernsten Geschichten über die Vergänglichkeit des Lebens. Es gibt eben Bands, die sowohl im Broken Spoke Saloon als auch im CBGBs (oder sagen wir: im Molotow) vorstellbar sind. Und Humor scheinen sie obendrein zu haben. Gäbe es das "No Depression" noch in früherer Form, Florry würden darin definitiv Titelstorys bekommen.

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