hoerthoert Festival für Zuhörkultur 2015 - Das Programm

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Freitag

Hypnotic Zone
Trio Zavocc
Schmieds Puls

Samstag

Harnisch/Fina/Santner
Philipp Nykrin Trio
Gnigler



Harnisch+Fina+Santner
In diesem Trio wird der Altsaxophonist Philipp Harnisch musikalisch umhüllt von zwei seiner engsten Weggefährten aus zwei bisherig unterschiedlichen Projekten. Mit Maximilian Santner am Schlagzeug aus seinem Philipp Harnisch Quartet sowie mit dem Gitarristen Ivo Fina von Month of Sundays gelingt ein interessanter Brückenschlag hin zu einem Trio. Ein Schritt, der nach dem Hören erster Töne, für absolut logisch erscheint, verbindet diese drei Musiker doch eine verblüffend ähnliche Musikästhetik und Spielkultur. Man ist sich von Beginn an einig, wie die Musik hier klingen soll. Jeder gibt und nimmt zugleich. Im Vordergrund allein steht schlicht das Schöne, ausgedrückt in Melodie und Harmonie, umgesetzt durch ein sensibles Klangbewusstsein und die Reduzierung auf das Wesentliche. Die Musik nimmt sich Zeit, die Musiker scheinen stets ihrem Bedürfnis zu folgen, abzuwarten, zu schauen, was dem Gesamtlang wirklich dient. Diese gemeinsame Leidenschaft für Melodien und die Lust, ein Thema improvisatorisch zu entblättern, lassen wirkungsvolle Songs entstehen, denen man gerne zuhört.
Besetzung:
Philipp Harnisch: sax / Ivo Fina: g, fx / Maximilian Santner: dr

Philipp Nykrin Trio
Der gebürtige Salzburger Musiker und Komponist Philipp Nykrin kann auf ein ereignisreiches Jahr 2014 voller Releases und Konzerttätigkeiten mit Projekten mannigfaltiger Stilistiken zurückblicken: Das Eröffnungsprojekt des Jazz-Festival’s Saalfelden 2015 „Wire Resistance“ (erscheint Ende Februar auf „Listen Closely“) zwischen Jazz und Elektronik, restless contemporary indie mit „Namby Pamby Boy“, HipHop und Pop mit Nina „FIVA“ Sonnenberg. Trotz alledem hat Nykrin seine kontinuierliche Arbeit mit dem akustischen Klavier und dessen Rolle in der zeitgenössischen improvisierten Musik nicht vernachlässigt und präsentiert an diesem Abend eine neue Trioformation.
Besetzung:
Philipp Nykrin: p / Lukas Kranzelbinder: db / Michael Prowaznik: dr

Gnigler
Laut und leise, graziös und brachial, exorbitant und unumgehbar, kurz und prägnant, wunschlos zeitlos, stimmig verstimmt, mittig entstellt, antiseptisch, Grenzen brechend und Brücken schlagend, Brücken brechend und Grenzen ziehend, stolpernd und fließend, im Angesicht des Todes, die zarten Engelsrufe. Etwas stimmt hier nicht, zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Musik, zwischen Musik und Schatten, zwischen Schatten und Licht, zwischen Licht und Rhythmus, zwischen Rhythmus und Dauer. Aber was hilft uns das? In den Kompositionen von Namensgeber Jakob Gnigler haben einen deutlich hörbaren Hang zu einer stilistischen Pluralität. Intensive (frei-)improvisierte Bläserorkane und heftig gepeitschte Saiten wechseln mit filigran komponierten kanon-artigen 12-ton Weisen ab. Eng ausnotierte Fanfaren neben chemisch-verätzt-wirkenden Hiphop-Grooves, lassen den Zuhörer über die Existenz und Notwendigkeit von Genres zweifeln. Großes Ziel des Komponisten und der Band ist es, Grenzen zwischen laut und leise, schnell und langsam, miteinander und gegeneinander, Komposition und Improvisation verschwimmen bis verschwinden zu lassen. Dabei wird auf höchster Weise darauf geachtet, dass aus diesem Potpourri der Stile und abrupten Richtungswechsel keine Ansammlung von Melodien wird, sondern ein vollkommenes Ganzes.
„Das Kunststück, das Gnigler wirklich in imposanter Manier zu Wege bringen, ist, alles auf den Punkt zu bringen.“ (Michael Ternai, mica 2014)
Besetzung:
Judith Ferstl: db / Niki Dolp: dr / Jakob Rieder: tu / Simon Frick: von / Alex Kranabetter: tp / Philipp Harnisch: sax / Jakob Gnigler: sax

Hypnotic Zone
Villy Paraskevopoulos: Klavier
Stefan Thaler: Kontrabass
Niki Dolp: Schlagzeug
Bei Hypnotic Zone handelt es sich um ein Musikprojekt, in dem die Eigenwilligkeit von den Beteiligten quasi zur Prämisse des musikalischen Werkens erhoben wird. Sich nicht an den gängigen traditionellen Definitionsmustern orientierend, unternimmt das Trio schlicht den Versuch, sich über das Experiment ihre ganz eigene klangliche Nische zu entwerfen. Mehr schräg, denn harmonisch, mehr dissonant, denn melodiös, erwachsen die Stücke dennoch fern von aller Kopflastigkeit zu vielschichtigen Hörerlebnissen, die auch nach mehreren Durchläufen, immer noch neue Geheimnisse offenbaren.
Villy Paraskevopoulos, Stefan Thaler und Niki Dolp entheben die klassische Piano/Bass/Schlagzeug Jazzbesetzung ihrem ursprünglichen Soundkontext und führen sie einer sehr eigenwilligen, ja fast schon avantgardistisch anmutenden Klanginterpretation zu. Als hätten das Trio den Spruch „weniger ist mehr“ zu seinem übergeordneten Motto erhoben, wandeln die drei Musiker auf einem Pfad, der eigentlich mehr in den Details und Nuancen, denn wirklich hörbar durch die verschiedensten Spielformen des Jazz und über diese hinaus führt. Setzt man sich mit den Stücken auseinander, erschließt sich ein spannendes und in dieser Art selten vorgebrachtes Klangkino

Trio ZaVoCC
Christoph Cech: Klavier
Raimund Vogtenhuber: Electronics
Werner Zangerle: Saxophone
“ZaVoCC das alles?” ist eine berechtigte Frage. ZaVoCC Musik, ZaVoCC ein Trio, ZaVoCC ein neuer Tonträger. Einen solchen bringt das Trio ZaVoCC nämlicher wieder raus. Aufgenommen an drei hintereinanderfolgenden Tag in der Brennkammer im Porgy & Bess. ZaVoCC? Weil die drei einfach mit Herz und Seele bei der Sache - der Improvisation - sind. Über den letzten Tonträger wurde folgendes geschrieben: Der in Wien lebende Salzburger Werner Zangerle hat mit Christoph Cech am Klavier und dem für Dicht- und Kittmasse zuständigen Elektroniker Raimund Vogtenhuber mit ‚ZaVoCC on Tour‘ ein erfreuliches Tondokument auf den Markt gebracht. Das wirklich schöne CD-Cover (Artwork: Anna Zangerle) verspricht allerdings mehr Idylle, als dann tatsächlich geboten wird. Und das ist gut so. Es gibt schon genug von diesen ironisch herabgebrochenen Hybriden aus Volksmusik & der Zutat von ‚Was auch immer‘. Da sind 15 hochkonzentrierte Details einer Erforschungstour der Innenwelten eines Improvisationsensembles entstanden, die beim Hören Aufmerksamkeit und Ruhe voraussetzen. Dafür wird man dann jedoch reich belohnt mit liebenswert vertrackten, unüblichen Klängen, die sich im Ohrgang verhaken und lange dort bleiben. Die Hörerwartung wird unterlaufen, nicht als Gag, sondern mit sinnhafter Notwendigkeit, einer wirklich stringent nachvollziehbaren Entwicklungsreise auf der Suche nach der Essenz des musikalischen Miteinanders. Eine lohnende Klangreise an die Gestaden der Kompromisslosigkeit und Integrität.
(Ernst Mitter)

Schmieds Puls
Mira Lu Kovacs: Gesang/Gitarre
Walter Singer: Kontrabass
Christian Grobauer: Schlagzeug
Schmieds Puls ist der Beweis dafür, dass weniger mehr ist, so viel mehr, dass man sich anhalten muss. Das Trio rund um Sängerin, Gitarristin und Songwriter Mira Lu Kovacs, mit Walter Singer am Kontrabass und Christian Grobauer am Schlagzeug, hat perfektioniert, was man ein musikalisches Destillat nennen könnte. Wo andere 1000 Töne spielen, machen sie Pause - man selbst steht vor dem Zerplatzen, schreit innerlich, masochistisch beglückt, denn so eine Spannung muss man einmal aufbauen können, so muss einen Dramaturgie ohrfeigen. Schmieds Puls erinnern an Patrick Süßkinds Parfum, doch sie morden nicht. „Play Dead“ duftet
lyrisch, dreckig, zelebriert die technische Sauberkeit bis ins Millidetail, macht dann Punk, erscheint dabei schizophren souverän, elegant, dezent, mucksmäuschenstill und extrem laut. Mira Lu Kovacs’ Stimme singt darin so zerbrechlich und stark - man versteht nicht, wie sich all das zu einem Sound verschmolzen hat. „Play Dead“ ist, was Pop maximal leisten kann. Mira Lu Kovacs, Walter Singer und Christian Grobauer scheinen zart besaitet und wirken mächtig. Seit sie im September 2013 ihr Debüt-Album auf dem berüchtigt-renommiertem Wiener Label Jazzwerkstatt Records veröffentlicht haben, schreibt sich bei Kritiker/innen und Musikkenner/innen mit der Erwähnung des Trios ein übereinstimmender Ausdruck in deren Gesichter: Es ist der Jubel über die Entdeckung des Jahres. „Erst noch Mira Lu Kovacs gehört haben, dann möglicherweise sterben. Was diese Frau aus ihren beiden Instrumenten, sowohl ihrer virtuos wandelbaren Stimme als auch ihrer mit klassischer Fingertechnik gezupften akustischen Gitarre herauszuholen versteht, ist auf die ruhigste vorstellbare Weise spektakulär.“ Robert Rotifer (FM4) “Selten ist ein so dunkler, todessehnsüchtiger Song von einer so glockenhellen, schwerelosen und doch eindringlichen Stimme gesungen worden.” Andreas Felber (Ö1)