Für A Würstl Und A Bier


Kategorie: Wiesenrock
geschrieben von: Wiesenrock geschrieben am: 07.05.2014 um: 15:05 Uhr

Was wäre das Leben ohne Musik? Zumindest nicht so schön wie mit. Und am besten schmeckt's immer noch live serviert - finden wir. Bei allerlei Anlässen kann man heutzutage Live-Musik hören: Bar, Pub, Gasthaus, Vereinsfeier, Dorffest, kleine Festivals, private Feiern, usw. Geld für die Mega-Band ist meistens nicht vorhanden. Muss auch nicht sein, weil es auch super junge MusikerInnen gibt, die keine exorbitanten Gagen verlangen und keine Catering-Rider haben, wo einem alleine davon schon schwindlig wird. Also erst mal kein Problem - aber wie schaut die Situation für junge unbekannte Bands und Newcomer aus? (Wir reden hier übrigens von solchen, die ihre Musik selbst schreiben, nicht von Cover-Bands. Damit wir uns richtig verstehen.)

Einige von uns haben selbst Musik gemacht, oder machen das noch immer und kennen die Situation aus eigener Erfahrung. Als Neuling ist es extrem schwer, überhaupt eine Auftrittsmöglichkeit zu bekommen: In den Ballungszentren gibt es zwar mehr Möglichkeiten, dafür ist die Konkurrenz weitaus größer. Vor allem im Westen gibt's zwar weniger Bands, aber kaum gute Gigmöglichkeiten. Bleiben vor allem drei Optionen: Bandcontests, Pay-to-Play-Gigs oder kleine Lokale (und was sonst noch weiter oben genannt wurde).

Bandcontests, Pay-to-Play-Gigs und Konsorten

Das Thema kann schnell abgehandelt werden. Wenn man niemanden kennt (Vitamin B) oder das nötige "Glück" fehlt, sind solche Contests meist die ersten Live-Erfahrungen, die man als Band sammelt. Dafür ist das auch ok, aber der fade Beigeschmack lässt sich nicht leicht übertünchen. Salopp gesagt braucht man an Gage, geschweige denn Fahrt- und Übernachtungskosten, gar nicht erst zu denken. Gewinnen kann man so einen Bewerb, indem man den Veranstaltern Tickets abkauft, die dann an die Fans weiterverkauft werden (Stichwort Publikumswertung). Der einzige Unterschied zu anderen Pay-to-Play-Gigs ist, dass man mit etwas Glück wenigstens ein bisschen Werbung bekommt.

Dann wären da noch kleine Lokale, Bars und Pubs. Nennen wir es den nächsten Schritt auf der "Karriereleiter". Im Unterschied zu oben kann hier nicht mehr einfach jede Band spielen, die sich nicht zu schade ist. Trotzdem muss oft das sprichwörtliche "Würstl und a Bier" (aber bitte nur eines!) ausreichen. Wer Glück hat, darf auf Hut spielen, d.h. während oder nach dem Konzert geht ein Hut die Runde und die Besucher "spenden" für die Band. Hans im Glück bekommt dann schon mal eine kleine Gage. Zu glauben, dass in diesen Locations eine Bühne mit (qualitativer) Technik vorzufinden ist, grenzt an Utopie.  Von einem Backstageraum ganz abgesehen, aber man will ja keine Diva sein. Rock "n' Roll!

Auf Dorffeste, usw. einzugehen erübrigt sich. Dort gibt's zwar oft Bühne mit Technik und sogar Technikern, aber hier kommen dann doch meist Cover-Bands zum Zug. Kommt eben besser an, wenn Musik gespielt wird, die die Leute schon kennen.

Es wird deutlich, dass es für noch unbekannte Bands sehr schwer ist, das, was sie im kreativen Prozess im Proberaum erarbeiten, vor ein Publikum bringen zu können, ohne dabei tief in die eigene Tasche zu greifen. Das entspricht zumindest unserer Erfahrung. Täuscht dieser Eindruck? Machst du selber Musik oder spielst in einer Band? Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren!

Künstler fair behandeln

Dieser Punkt ist seit dem ersten Wiesenrock Festival ein essenzielles Thema für uns, eben weil wir die Situation nur zu gut kennen. Uns ist wichtig, dass die Bands ihre Werke best möglich und professionell präsentieren können, dass auch unbekannte KünstlerInnen eine Chance bekommen und dass sie dabei nicht auf irgendwelchen, mit Wiesenrock verbundenen Kosten sitzen bleiben.

Deshalb stellt Wiesenrock eine professionelle Bühne mit professioneller Technik und Technikern zur Verfügung. Bei der Qualität wird nicht gespart. In den großzügigen Backstageräumlichkeiten wird für das leibliche und seelische Wohl der KünsterlInnen bestens gesorgt. Reisekosten und Unterkunft werden von uns übernommen. Dabei machen wir keinen Unterschied zwischen Headliner und Opener. Außerdem bemühen wir uns um ausreichend Werbung und Medienpräsenz. Dazu kommt natürlich noch die Gage für jede Band.

Durch eine aktuelle Diskussion angeregt, haben wir uns erneut mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Auf provinnsbruck.at gab es am 21. April einen Artikel zum diesjährigen Wiesenrock mit dem Hinweis, dass wieder eine Opener-Band gesucht wird (zum Artikel geht's hier). In den Kommentaren wird kritisiert, dass wir dafür "nur" Eur 100 Gage bezahlen. Darauf wollen wir hier nicht mehr näher eingehen - auf provinnsbruck.at haben wir unsere Position ausführlich dargelegt und erklärt, warum wir unser Angebot für die Opener-Band trotzdem fair finden.

Wir wollen in diesem Blog-Artikel lieber einen Blick auf den "Teufelskreis" von Pay-to-Play-Gigs werfen und eine Initiative vorstellen, die sich der fairen Behandlung von KünstlerInnen verschrieben hat.

Circulus vitiosus

Die Protagonisten in diesem Drama: KünstlerInnen, VeranstalterInnen und Publikum.

Weil es für unbekannte Bands so schwer ist, eine Auftrittsmöglichkeit zu bekommen, sehen sie sich quasi dazu gezwungen, jedes Angebot anzunehmen. Und sei es auch für das sprichwörtliche "Würstl und a Bier". Dass dies zu einem Teufelskreis führt, ist klar. Wenn sich genug Bands finden, die umsonst spielen, wird kaum jemand bereit sein, dafür zu zahlen. Die Initiative artbutfair schlägt daher folgende "Regeln" für Kunstschaffende vor:logo_artbutfair_beta1

  1. Keine Proben oder Aufführungen ohne Abschluss eines schriftlichen Vertrages.
  2. Arbeiten nur für angemessene Gage, es sei denn es gibt einen einzigartigen künstlerischen oder wohltätigen Grund.
  3. Die eigene Position nicht ausnutzen, um andere MitarbeiterInnen oder KollegInnen unfair zu behandeln.

VeranstalterInnen lieben im besten Fall z.B. Musik und wollen mit Konzerten, die sie organisieren, ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ihr Ziel ist es, zumindest keine roten Zahlen zu schreiben - ein ohnehin schon schweres Unterfangen. Neben dem ganzen Drumherum (Betriebskosten, Technik, Gastronomie, Werbung usw.) suchen sie nach tollen Bands, die - wenn möglich - die Bude voll machen. Kosten sollen sie aber nur so viel, dass man noch Eintrittspreise verlangen kann, die auch bezahlt werden und dass sich die Rechnung am Schluss noch ausgeht. Für VeranstalterInnen schlägt artbutfair folgendes vor:

  1. Keine Arbeitsaufträge ohne Abschluss eines schriftlichen Vertrages.
  2. Verhalten gegenüber MitarbeiterInnen: fürsorglich, loyal, gerecht und der sozialen Verantwortung bewusst.
  3. Sicheres und gesundes Arbeitsumfeld und besondere Aufmerksamkeit auf das künstlerische Kapital der MitarbeiterInnen, deren Gesundheit für Körper, Geist und Seele.
  4. Sowohl für Proben als auch für Auftritte angemessene Vergütungen und Spesen.
  5. Minimierung des finanziellen und zeitlichen Aufwands für KünstlerInnen bereits im Bewerbungsverfahren und Information so schnell wie möglich.

Die vollständige Version der "Goldenen Regeln künstlerischen Schaffens" von artbutfair findet ihr hier.

Bei Kunstschaffenden wie VeranstalterInnen muss man aber dahingehend differenzieren, dass es solche gibt, die professionell arbeiten und davon leben müssen/dürfen und solche, die ihre "Arbeit" als Hobby oder ehrenamtlich betreiben. Ein fairer Umgang ist ohne Zweifel beiden geschuldet, aber für die einen bedeutet er die Sicherung ihrer Lebensgrundlage.

Fehlt noch das Publikum - ohne geht's bekanntlich nicht.

Im Internet (zumindest via Google) wird gar nicht mal so selten nach dem Begriff "Neue Bands" (blau) gesucht. Da kommt unser österreichischer Musik-Export-Hit Falco (rot) gar nicht erst ran. Zieht man noch die Suchanfragen nach gratis Musik (orange) hinzu, schaut die Welt aber wieder ganz anders aus.

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Ist das symptomatisch für das Publikum heutzutage? Glaubt man den Musik-Labels, die schon seit Napster darüber klagen, dass niemand mehr CD's kauft, sondern am liebsten alles "gratis" aus dem Internet saugt, muss man diese Frage bejahen. Als Veranstalter, nicht nur von Wiesenrock, sondern überhaupt als Kulturverein Grammophon, sind wir regelmäßig damit konfrontiert, dass manche nicht verstehen, warum eine Veranstaltung gerade "so viel" kosten muss bzw. warum es überhaupt Eintritt gibt.

Wir wissen es aber besser. Der Großteil unseres Publikums kommt gerne zu unseren Veranstaltungen und versteht, dass so etwas auch was kostet. Danke an dieser Stelle für eure Unterstützung, auch im Namen der KünstlerInnen!

Die Initiative artbutfair hat bisher leider keine "Regeln" für das Publikum erstellt. Wir starten hier einen Versuch:

  1. Wenn dir eine Band taugt, geh auf's Konzert! Live ist immer noch am besten.
  2. Gefällt dir ihr Album, kauf es dir und lade es dir nicht "gratis" aus dem Internet.
  3. Erzähl anderen von Bands, die du gut findest. Nimm sie mit auf's Konzert und spiel ihnen die CD vor, die du gekauft hast.

Man könnte noch seitenweise über dieses Thema schreiben. Man könnte es sicher auch differenzierter oder aus einer andere Perspektive betrachten. Deshalb freuen wir uns über deinen Beitrag in den Kommentaren. Wie denkst du darüber? Wir sind gespannt auf deinen Meinung.

 

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