Die Goldenen Zitronen


Kategorie: Kulturzelt Kassel
geschrieben von: Kulturzelt Kassel geschrieben am: 01.04.2019 um: 06:40 Uhr

"Wer die Goldies nicht im Kulturzelt gesehen hat, hat sie nie gesehen."
Oder so ähnlich.
Schorsch Kamerun, 2009, in einer deutschen Stadt - Zitat leicht abgewandelt (Anm. d. Red.).

Ja. Über die Goldies zu behaupten, sie hätten Geschichte geschrieben, wäre eine ziemliche Unverfrorenheit, weil ihnen implizit damit unterstellt würde, sie hätten das bereits eingestellt, Geschichte zu schreiben. Sie sind durch die Geschichte gegangen, das ließe sich behaupten. Alles begann im Jahre 1984, als die Band schlagartig mit schlagerartigen Songs auf eine Hamburger Bühne sprang und begann, sich ohne Plattenvertrag durch den Dschungel zu schlagen, der das Musikbusiness ist. Unabhängigkeit und unbedingter Humor - für die 80er in der BRD wesentliche Zutaten, um auf sich aufmerksam zu machen - drehen bis heute den roten Faden, den die Band immer weiter spinnt und dabei musikalisch immer wieder nach Updates, experimentellen Settings und diskursiver Praxis forscht. Ein Zufall ist es sicher nicht, dass Schorsch Kamerun (zusammen übrigens mit PC Nackt - Produzent unter anderem von José Gonzales String Theory) die Grenzen des performativen Musik-Theaters frech und neu vermisst und Ted Gaier über das selbe Medium bspw. mit Gintersdorfer/Klaßen postkoloniale Strukturen aufreißt und sichtbar macht. Porsche, Genscher, Hallo HSV (1987), Kampfstern Mallorca dockt an (1988) - Plattennamen, die dem heiligen Ernst sofort den Gar ausmachen und trotzdem oder gerade deshalb Veränderung provozieren oder einfach einen neuen Blick auf die Gegenwart des Politischen, Sozialen oder Kulturellen eröffnen, führen über Lenin (2006) oder Die Entstehung der Nacht (2009) hin zu ihrem aktuellen Longplayer More than a feeling. Man denkt vielleicht unmittelbar an die gefühligen Bombast-Hard-Rocker der Gruppe Boston und den Superhit ihres selbstbetitelten Debütalbums. Doch hat sich die Nadel auf die Rille gesenkt - oder wurde das Audiofile angeklickt - ist es mit dem emotionalen Eingeschmiere sofort vorbei. Mehr als ein Gefühl hinterlässt diese Scheibe, denn sie ist immer noch eine Punk-Platte, die scharf und komisch auf Konfrontationskurs mit Rechts, Links und anderen Sicherheiten surft. Mit drei geschrubbten Akkorden hat dieser Punk natürlich nichts zu tun. Arbeitsteilung im Sinne des Hip Hop ist eher das Prinzip und nicht umsonst verweist der Beipackzettel der Plattenfirma Buback auf Kendrick Lamar und DAF, Acid und Ernst Busch oder Berthold Brecht, um eine ungefähre Vorstellung von dem zu vermitteln, was die Band hier abbrennt. Also, Vorhang auf für das Feuer und die Spottgesänge der Goldies.
P.S. Das Zitat von Schorsch Kamerun wurde unverschämter Weise gefälscht. Es lautete 2009 wie folgt: "Wer die Glodies nicht im Ratinger Hof gesehen hat, hat sie nie gesehen." Leider gibt es den Ratinger Hof in Düsseldorf, einer der wichtigsten Spots deutscher Musikgeschichte der späten 70er und 80er Jahre, heute nicht mehr. Wenn man die Goldies also gesehen haben will, komme man doch bitte ins Kulturzelt Kassel. Entschuldigen Sie bitte die Manipulation aus Verzweiflung, Herr Kamerun.

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Das Konzert ist unbestuhlt.



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